Interview
Christian Müller
Christian Müller: Mein Name ist Christian Müller, ich bin 51 Jahre alt und Geschäftsführer der Stadtwerke Paderborn.
Julia Ures: Wie wird man Geschäftsführer der Stadtwerke Paderborn?
Christian Müller: Das ist so wie bei jedem anderen Job…. Man bewirbt sich und stellt sich dann vor. Und dann drückt man sich selbst natürlich auch die Daumen, dass man den Zuschlag bekommt. Und in diesem Fall war es dann so und ich durfte 2015, im Juli, mit meiner Geschäftsführer-Tätigkeit hier bei den Stadtwerken Paderborn beginnen.
Julia Ures: Soweit das Ganze im Schnelldurchlauf. Was hat Sie damals für diesen Posten qualifiziert?
Christian Müller: Das müssten Sie eigentlich diejenigen fragen, die mich eingestellt haben und das ist der Aufsichtsrat der Paderborner Kommunalbetriebe gewesen. Wenn ich das selbst einschätze, würde ich sagen, ich habe eine überzeugende Darstellung gebracht, wie ich mir die zukünftigen neuen Stadtwerke vorstelle, wie man ein junges Stadtwerk auf der grünen Wiese neu in den Markt hineinbringt. Und ich glaube, das waren die ausschlaggebenden Punkte.
Julia Ures: Es gab früher bereits Stadtwerke in Paderborn. 2015 sind sie dennoch wieder bei Null gestartet und eben haben Sie diese Vorstellung von den Stadtwerken, die sie hatten, schon angedeutet. Welche Vision war das: Wie sollten die Stadtwerke mal sein oder aussehen, welche Werte sollten sie haben?
Christian Müller: Die neuen Stadtwerke Paderborn sollten sich als zukunftsfähiges Unternehmen darstellen, welches aber auch ganz nah beim Bürger ist. Mit entsprechenden Serviceleistungen schnell unterwegs sein, keine Verzögerungen in irgendwelche Vorgänge bringen, einen hohen Digitalisierungsgrad aufweisen, sodass wir Zeit für unsere Kunden haben und uns nicht in administrativen Dingen verstricken. Das war der Hauptfokus, um ein modernes Stadtwerk in den Markt zu bringen. Und natürlich letzten Endes, ein gutes Preis-Leistungsverhältnis zu bieten.
Julia Ures: Das war damals die Vision. Wo stehen Sie heute?
Christian Müller: Heute stehen wir da, wo es viele nicht erwartet hätten. Die Neugründung der Stadtwerke Paderborn war nicht ganz unumstritten. Ich muss aber auch sagen: zu Recht. Jede Neugründung eines Unternehmens birgt auch immer gewisse Risiken. Diese Risiken ist man dennoch eingegangen und heute kann man sagen: zu Recht eingegangen. Denn viele Risiken, die sich damals gezeigt haben, sind nicht eingetreten, weil man präventiv dagegen gearbeitet hat und wir einen guten Kundenstamm vorweisen können, der es uns jetzt ermöglicht in wirtschaftlicher Arbeitsweise ein modernes Stadtwerk zu führen.
Julia Ures: Sie haben über die Zeit ein Team zusammengestellt, was mit Ihnen die Aufgaben hier löst und täglich bewältigt. Was sind Sie dem Team für ein Chef?
Christian Müller: Wir haben hier sehr flache Hierarchien. Ich bin ein Freund davon, schnelle Entscheidungen zu treffen und ich glaube, das spürt das Team auch. Meine Tür ist immer offen. Wenn sie geschlossen ist, dann bin ich gerade am Telefonieren oder führe jetzt so wie jetzt das Interview. Aber ansonsten stehe ich dem Team immer mit Rat und Tat zur Seite, denn ich bin Teil des Teams. Ja, ich bin zwar Geschäftsführer, aber ich bin auch Teil des Teams und von daher gehört das einfach zu den täglichen Arbeiten mit dazu.
Julia Ures: Heute, fünf Jahre nach der Neugründung: Welches sind aus Ihrer Sicht die größten Schwächen und auch die größten Stärken der Stadtwerke?
Christian Müller: Die größte Schwäche, würde ich sagen, ist, das betrifft aber grundsätzlich die gesamte Energiewirtschaft: Man hinkt immer ein Stück weit hinterher. Wir sind in einem regulierten Markt, sind sehr abhängig von gesetzlichen Entscheidungen. Und deswegen gibt es oft in kurzer Zeit viel Neues umzusetzen. Und da kommt jetzt unsere größte Stärke ins Spiel: Wir sind in der Lage, schnell auf neue Dinge zu reagieren, teilweise auch im Vorfeld schon zu agieren, um diese neuen Themen anzugehen, umzusetzen und auch mit schlanken Prozessen auszustatten.
Julia Ures: 2017 haben Sie sich entschieden, einen Bürgerbeirat ins Leben zu rufen und haben damals gesagt, Sie erhoffen sich auch kritische Fragen. Wieviel Mut erfordert das?
Christian Müller: Ich glaube, das erfordert gar nicht so viel Mut. Wenn man das Wort „Bürgerbeirat“ schon im Wortsinn sieht, dann ist das kein Marketinginstrument, mit dem wir Werbung machen im Sinne von: „Hallo, wir haben einen Bürgerbeirat“. Sondern es ist ein Arbeitsgremium welches uns als Stadtwerke berät. Weil nichts wertvoller ist als Informationen von außen zu bekommen. Lob und Tadel gehört einfach mit dazu. Denn bei uns ist auch nicht alles Gold was glänzt. Aber wichtig ist ja, dies auch zu erkennen, notfalls auch durch externe Hinweise. Um dann konsequent an diese Situation heranzugehen und dann optimal umzusetzen. Und der Bürgerbeirat ist da eine sehr große Unterstützung. Wir haben jetzt vor kurzem die neue Homepage einem Relaunch unterzogen. Und da haben wir alle Aspekte, die der Bürgerbeirat eingebracht hat, dort mit einfließen lassen und auch umgesetzt – und das ist sehr hilfreich.
Julia Ures: Was macht Sie stolz auf die Stadtwerke?
Christian Müller: In erster Linie bin ich stolz auf mein Team! Mein Team hat dafür gesorgt, dass wir das Vertrauen unserer Kunden erwirtschaftet haben, denn ohne unsere Kunden wären wir nicht so groß geworden. Wir sind zu dritt angefangen, haben jetzt neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier vor Ort in Paderborn und das haben wir nur unseren Kunden zu verdanken, dass wir ein solches Wachstum aufnehmen konnten. Wir sind bei 0 Kunden gestartet. Mittlerweile liegen wir über 17.000 und dann ist 2018 noch die Wassersparte hinzugekommen. Wenn man das mal in reinen Zählern, die bei den Kunden hängen, sieht, dann sind wir bei rund 57.000 Zählern, die wir in irgendeiner Weise mit Energie oder Trinkwasser versorgen. Das ist eine tolle Leistung!
Julia Ures: Und was macht Sie persönlich glücklich an der Arbeit hier bei den Stadtwerken?
Christian Müller: Glücklich macht mich diese Agilität im Team. Dass wir immer wieder sagen: Was können wir an unseren Prozessen verbessern? Was können wir vereinfachen und niemand da ist, der sagt „Ach, haben wir immer schon so gemacht, das bleibt auch so.“. Wir sind dankbar für Lob, wir sind aber auch genauso dankbar für kritische Mitteilungen, die an uns herangetragen werden, denn diese helfen uns – wenn sie ernstgenommen werden und das tun wir – unsere Prozesse weiterhin zu optimieren. Denn wenn jemand sagt: „Wir sind supergut und nichts geht an uns vorbei.“ Das ist eine Aussage, die muss man erstmal unter Beweis stellen. Wir sagen: wir sind gut, keine Frage. Aber wir verbessern uns auch kontinuierlich.
Julia Ures: Wir haben eben über die Vision gesprochen, die Sie vor fünf Jahren für die Stadtwerke hatten. Wo sehen Sie die Stadtwerke in weiteren fünf Jahren?
Christian Müller: In weiteren fünf Jahren sehe ich unsere Marktposition hier in Paderborn noch weiter gestärkt, weil wir kontinuierlich Kundenzuwächse generieren. Und wir freuen uns natürlich auch auf die hohe Kundentreue, die uns zugesprochen wird. Das kommt auch nicht von ungefähr. Denn, ich wage es jetzt mal einfach zu behaupten, die Kunden, die mit uns Kontakt hatten, sind bislang durch unseren Service und unsere Dienstleistung nicht enttäuscht worden. Es gibt Kunden, bei denen ist immer alles glatt gelaufen, es gibt auch Kunden, bei denen ist auch mal was schief gelaufen. Gerade in solchen Situationen kommt es darauf an, wie interveniert man in einer solchen Situation: Und das macht mein Team mit Bravour.
Julia Ures: Wie geht der Satz weiter: „Paderbornerinnen und Paderborner und ihre Stadtwerke, das ist wie…“
Christian Müller: „…das ist vielfach wie eine sehr intensive Beziehung.“ – Und auf der anderen Seite gibt es noch ganz viele Paderbornerinnen und Paderborner, aber auch aus dem Umland, die noch gar nicht so richtig wahrgenommen haben, dass es die Stadtwerke wieder gibt. Denn viele sind noch bei einem Großkonzern in der Versorgungssituation und da kann ich nur dazu aufrufen: Kommen Sie zu uns, nehmen Sie mit uns Kontakt auf. Wir finden eine gute Versorgungslösung hier vor Ort mit Personen aus Fleisch und Blut, die Sie bei uns wiedersehen können, mit denen Sie sprechen können. Und das ist ein riesengroßer Vorteil, wenn man persönliche Ansprechpartner hat.
Julia Ures: Happy Birthday Stadtwerke! Vielen Dank für das Interview.
Christian Müller: Vielen Dank!
Anlässlich des 5-jährigen Bestehens der Stadtwerke Paderborn führte Julia Ures (www.juliaures.de) das Interview am 09.11.2020 mit Christian Müller.