Person steht vor der Paderborner Kulisse im Hintergrund

Interview
Rainer Siewers

Rainer Siewers: Mein Name ist Rainer Siewers. Ich bin 52 Jahre alt, seit nunmehr knapp fünf Jahren bei den Stadtwerken Paderborn beschäftigt. Zuvor in anderen Funktionen, auch bei diversen Energieunternehmen, auch bei den „original“ Stadtwerken. Seinerzeit bin ich Ende der 80er angefangen und bin heute Sachbearbeiter im Bereich Inkasso, Kundenmanagement und diversen anderen Tätigkeiten, also Allrounder sozusagen.

Julia Ures: Wie ist es dann gekommen, dass sie auch bei den neugegründeten Stadtwerken gleich wieder mit an Bord waren?
Rainer Siewers: Das war ein glücklicher Zufall. Ich hatte bei meinem alten Arbeitgeber gekündigt und einen Aufhebungsvertrag unterschrieben. Das war der Nachfolger der Ursprung-Stadtwerke, die E.ON. Dann habe ich gerüchteweise gehört, dass neue Stadtwerke gegründet werden sollten. Und das kam zeitlich genau passend: Ich hatte es zum 31.12.2015 gekündigt und zum 1.1.2016 fingen offiziell die Stadtwerke an. Ich kannte die beteiligten Personen auch noch, zum Beispiel den Geschäftsführer Herrn Christian Müller. Und er hatte mich dann einfach kontaktiert, ob ich mir das vorstellen könnte, hier einzusteigen und … das hat sich dann einfach so ergeben. Ich habe es nicht bewusst gesucht, aber so hat es sich durch glücklichen Zufall gefügt.

Julia Ures: Sie kennen die Stadtwerke schon sehr lange – wie Sie beschrieben haben, auch den Vorgänger. Wie haben sich die heutigen Stadtwerke Paderborn aus Ihrer Sicht in den vergangenen fünf Jahren entwickelt und verändert?
Rainer Siewers: Die Neugründung war ja auch ein gewisses Risiko. Man ist quasi bei Null gestartet. Und das hätte auch schiefgehen können. Man muss sich erst einmal einen gewissen Kundenstamm erarbeiten, um überhaupt eine Basis zu haben. Das war ein Sprung ins kalte Wasser und diese Basis ist mittlerweile geschaffen. Wir sind marktfähig, haben auch mittlerweile personell und strukturell ordentlich aufgestockt. Spätestens seit zwei Jahren, also seit 2018 mit dem Beginn Übernahme der Wassersparte, sind wir mehrspartig fähig, unsere Wünsche und unsere Kundeninteressen umzusetzen. Also, das war schon nochmal eine gewaltige Zäsur.

Julia Ures: Sie haben eben geschildert, Inkasso gehört zu Ihren Aufgaben. Stelle ich mir das richtig vor, dass Sie Privatpersonen, aber auch Unternehmen „auf die Füße treten“, wenn diese nicht bezahlen?
Rainer Siewers: Im wahrsten Sinne des Wortes…! Also ich betreibe da auch Telefoninkasso und weise die Leute auf deren Rückstände hin. Und im letzten Eskalationsfall drehe ich den Leuten auch dann das Wasser ab, bzw. beauftrage Leute, die das machen. Das ist mitunter nicht angenehm, aber gehört natürlich auch zum Job dazu. Das ist natürlich wirklich die allerletzte Stufe… Wir versuchen das auch tunlichst zu vermeiden, aber manchmal kommt man halt nicht drum herum. Die Gespräche sind nicht immer angenehm, aber wie gesagt, das gehört zum Job.

Julia Ures: Was macht Ihnen Spaß an Ihrer Arbeit?
Rainer Siewers: Grundsätzlich der Umgang mit den Kollegen und die Arbeit ist sehr vielschichtig. Man hat mit Kunden zu tun, mit Menschen jeden Tag, sei es telefonisch oder direkt mit Kunden, also 1:1 in Beziehung. Man hat eine relativ hohe Verantwortung: beispielsweise, wie geschildert, wenn man Leuten ein Grundnahrungsmittel verweigert oder verweigern muss aufgrund von Zahlungsrückständen. Wir haben sehr flache Hierarchien. Demnach ist jeder ziemlich frei in seinem Tätigkeitsfeld. Man muss nicht mit jedem „Kinkerlitzchen“ zum Vorgesetzten laufen, um sich das Okay holen, sondern man ist sehr, sehr autark in seinen Handlungen und täglichen Doings.

Julia Ures: Das ist auch schon in anderen Interviews unmittelbar zur Sprache kommen: Sie sind ein kleines Team und – ich glaube, das empfinden auch alle Kolleginnen und Kollegen so – Sie sind ein gutes Team. Was macht für Sie dieses gute Team aus?
Rainer Siewers: Erst einmal ist eine hohe Kompetenz bei allen Mitarbeitern vorhanden. Das wundert mich wirklich, also nicht täglich, aber wenn man das Ganze mal betrachtet: Wir sind ein kleines Unternehmen im öffentlichen Dienst, das wird auch nicht so üppig entlohnt. Und hier sind schon Leute mit Fähigkeiten versammelt, die garantiert anderswo viel mehr verdienen könnten. Aber man ist jetzt über die Jahre hier reingewachsen. Ich glaube, jeder hat Spaß an der Arbeit. Das kann nicht jeder von seiner Arbeitsstelle behaupten. Es ist auch eine große Hilfsbereitschaft da. Man kann mit jedem Anliegen zu einem Kollegen gehen und Unterstützung verlangen – und auch bekommen oder einfordern. Und diese flachen Hierarchien, die ich eben schon angesprochen habe, erleichtern die Arbeit ungemein. Denn man muss keine bestimmten Abläufe beachten wie manchmal in Konzernen, die ich auch kenne, wo man erst gewisse Etappen nehmen musste bis Entscheidungen herbeigeführt wurden. Und das ist schon sehr, sehr angenehm. Ich habe ja noch die alten Stadtwerke kennengelernt. Das war ein Unternehmen mit rund 300 Mitarbeitern, jetzt sind wir rund 10 – und das ist überhaupt kein Vergleich. Wir sind jetzt ja auch nur (noch) eine reine Vertriebsschiene. Das hat sich mit der Wasser-Übernahme ein bisschen geändert. Aber es ist nicht vergleichbar mit Stadtwerken in anderen Städten, wo auch das Rohrnetz dazugehört, die Leitungslegung oder auch technische Dienstleistungen. Sondern wir beschränken uns in der Regel auf den Vertrieb von Energie und dementsprechend die Leistungen da herum. Das heißt, mit Stadtwerken in Großstädten ist das in der Form nicht vergleichbar. Natürlich sind auch wir noch wachstumsfähig. Es ist noch nicht das Ende unserer Entwicklung erreicht hat, da glaube ich ganz fest dran. Und vielleicht haben wir dann wieder diese Strukturen, die wir vielleicht vor 15, 20 Jahren hatten.

Julia Ures: Die Stadtwerke sind jetzt fünf Jahre alt. Wenn jemand Geburtstag hat, schreibt man gern eine Geburtstagskarte. Welche Wünsche für die nächsten Jahre schreiben Sie den Stadtwerken in die Geburtstagskarte?
Rainer Siewers: Kontinuierliches Wachstum. Das ist in unserem Geschäft Voraussetzung. Wobei man vor Rückschlägen nie gefeit ist. Die Preispolitik wird größtenteils durch Abgaben und Umlagen und Steuern vorgegeben, d.h. man kann durch eine Preiserhöhung auch sehr viele Kunden auf einen Schlag verlieren. Vor zwei Jahren hatten wir dieses Dilemma. Also, meine Wünsche sind: grundsätzlich organisches Wachstum über die nächsten 5, 10, 15, 20 Jahre. Wie schon erwähnt, sind wir marktfähig und ich hoffe, dass wir das auch weiterhin bleiben. Das heißt, wir sind nicht wie früher ein kommunales Unternehmen, das durch Tarifabnehmer geprägt ist, die gar keine Auswahlmöglichkeit hatten, sondern wir bewegen uns im freien Wettbewerb und müssen uns täglich auch in diesem Segment neu beweisen.

Julia Ures: Herr Sievers, vielen Dank für unser Interview.
Rainer Siewers: Ich danke Ihnen.

Anlässlich des 5-jährigen Bestehens der Stadtwerke Paderborn führte Julia Ures (www.juliaures.de) das Interview am 09.11.2020 mit Rainer Siewers.

Zurück